Jörg Pfäffinger - Fotografie und Bromöldruck
Der Bromöldruck Das Interesse an alten fotografischen Verfahren drückt sich heute in diversen Aktionen, meist mit elitärem Anspruch, aus: u.a. in Ausstellungen und Workshops. Hier stehen vermehrt engagierte Amateure im Vordergrund, die diese tradierten Techniken vor dem Vergessen bewahren. Als ich dagegen Anfang der 90er-Jahre Kurse in Bromöldruck anbot, stellte ich dort einen hohen Anteil an Berufsfotografen fest, die ihr Geschäft durch das Angebot von Edeldrucken erweitern wollten. Ob im Bereich privater Liebhaberei oder im beruflichen Umfeld - frühe, kaum noch bekannte fotografische Verfahren stellen ein Gebiet dar, in dem Kreativität, Improvisationstalent und auch etwas Mut zu Unvorhersehbarem gefordert sind. Sicher, es gibt für jede dieser Techniken Rezepte und Hinweise aus früherer Zeit. Diese haben, wenn man sie endlich aufgestöbert hat, den Reiz, dass sie aus der damaligen Sicht nicht ohne weiteres auf heutige Verhältnisse übertragen werden können. Es änderten sich die Reinheit der Chemikalien ebenso wie die Versorgung mit den notwendigen Hilfsmitteln, und sogar das (Leitungs-) Wasser ist offenbar nicht mehr das, was es für einige der Rezepte sein sollte. Dazu kommt, dass auch in früherer Zeit oft mehrere, teilweise sich widersprechende Rezepturen in Umlauf waren. Und viele von ihnen funktionieren durchaus, jedoch sollte man, um die Abläufe zu beherrschen, die Wirkungsweisen der grundlegenden Foto- Chemikalien in entsprechenden Publikationen nachschlagen.
Eines der bekannteren dieser Edeldruckverfahren ist der Bromöldruck. 1907 von E. J. Wall und C. W. Piper publiziert, hatte diese Technik Ende der zwanziger Jahre ihre Blütezeit. Ähnlich wie viele andere Verfahren und Drucktechniken beruht auch der Bromöldruck auf der simplen Tatsache, dass Öl und Wasser einander abstoßen: Ein belichtetes Fotopapier wird in nichtgerbender Chemie entwickelt, normal weiterverarbeitet und ausgebleicht. Die folgende Gerbung härtet die Emulsion proportional zur enthaltenen Silbermenge, und in dem abschießenden Wasserbad quillt die Schicht an den nicht gehärteten Stellen. Dort wird dann beim Einfärben mit (Fett-)Farbe keine Farbe angenommen, an den gehärteten ehemaligen Bildschwärzen bleibt Farbe haften. Es entsteht ein Farbbild, das eine größere Haltbarkeit aufweist, als ein Silberbild. Zusätzlich gestattet das manuelle Einfärben einen außerordentlichen Verarbeitungsspielraum, der in bekannten fotografischen Abläufen - inklusive der Tonungen - keine derartig weit führenden Entsprechungen hat. Schwierigkeiten erwarten denjenigen, der sich heute an Bromöldrucke macht, bei der Beschaffung der Materialien; besonders die angebotenen Papiere weisen meist nicht die notwendigen Eigenschaften (einer ungehärteten Oberfläche) auf. Im Klartext bedeutet dies, dass man heute sehr feste (Umdruck)-Farben verwenden und spezielle Gerb- und Quelltechniken einsetzen muss, um ein einigermaßen kontrastreiches Bild zu erhalten.